Bericht über das Mitgliedertreffen vom 29. bis 31. Oktober 2021
Nachdem das Mitgliedertreffen 2020 in Kiel auf Grund der Pandemie abgesagt werden musste (vgl. Weberiana 2021, S. 139f.) konnte 2021 endlich wieder ein Treffen stattfinden. Wegen der 200. Wiederkehr der Uraufführung des Freischütz war diesmal nach langer Zeit wieder Berlin als Ort für das Treffen ausgewählt worden (das erste und bislang einzige Treffen der Gesellschaft in Berlin war 1993). Leider musste auch dieses Treffen noch einmal vom Frühsommer auf den Herbst verschoben werden und konnte dadurch nicht wie geplant die Festaufführung des Freischütz an der Staatsoper im Mittelpunkt stehen (vgl. die Besprechung der Jubiläumsveröffentlichungen in Weberiana 2021, S. 102–107) und durch ein kleines von der Gesellschaft vorbereitetes Symposion begleitet werden.
Doch das dann vom 29. bis 31. Oktober durchgeführte Treffen war wahrlich keine „Ersatz“veranstaltung: Vielmehr hatte die Schriftführerin, Dr. Solveig Schreiter, als Hauptverantwortliche ein höchst attraktives Programm zusammengestellt.
Da das Programm am Sonnabend bereits um 9 Uhr begann, waren viele Mitglieder bereits am Freitag angereist und trafen sich schon an diesem Abend zu einem ersten Gedankenaustausch in geselliger Runde.
Am Sonnabendmorgen wurden dann die Mitglieder der Gesellschaft von der Leiterin der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin, Frau Dr. Martina Rebmann, um 9 Uhr im Eingangsbereich der Staatsbibliothek zu Berlin (Unter den Linden) begrüßt. Sie führte die Gruppe durch die Bibliothek, deren Generalsanierung erst am 4. November 2019 mit einem Festakt zur Schlüsselübergabe als endgültig abgeschlossen gefeiert werden konnte. Frau Rebmann erläuterte sowohl die Geschichte des Hauses als auch Details der Sanierung und führte die Gruppe, die auch einen Blick in den großen Hauptlesesaal mit seiner modernen Deckenkonstruktion, die die im 2. Weltkrieg zerstörte Glaskuppel ersetzt, werfen konnte, nach mehreren interessanten, auf das Haus verteilten Stationen in den Musiklesesaal.
Hier erläuterte Frau Rebmann detaillierter die Entwicklung der Musikabteilung und speziell der Weberiana-Sammlung. Anschließend übergab sie das Wort an Solveig Schreiter, die eine kleine, von ihr nur für die Mitglieder zusammengestellte Ausstellung der wichtigsten und kostbarsten Quellen zum Freischütz erläuterte. Anschließend durften die Mitglieder diese Quellen, darunter Webers autographe Partitur, sein Handexemplar des Textbuches, das er für die Komposition nutzte, Friedrich Kinds eigenhändiges Textbuch und die Figurinen von Heinrich Stürmer, näher betrachten – ein großes Privileg, denn normalerweise bekommt man diese Preziosen nur hinter Glas oder als Digitalisat (vgl. hierzu auch Freischütz digital: https://freischuetz-digital.de/) zu sehen, da zum Schutz der Quellen ihre Benutzung stark eingeschränkt ist. Einige Mitglieder nutzten noch die Gelegenheit, im oberen Abbado-Lesesaal die interessante Uhr von Tobias Rehberger zu betrachten.
Anschließend durfte die Gesellschaft ihre Mitgliederversammlung in dem wunderbar renovierten Musiklesesaal abhalten.
Nach einer individuell gestalteten Mittagspause trafen sich zahlreiche Mitglieder um 15.30 Uhr im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, dem Uraufführungsort von Webers Freischütz, wieder. Man konnte so zumindest das prächtig renovierte Haus besichtigen. Der sog. Carl-Maria-von-Weber-Saal, in dem eine der Totenmasken Webers ausgestellt ist, war leider geschlossen. Das Konzerthaus bietet um diese Uhrzeit sonnabends regelmäßig Orgelkonzerte an, und wir hörten ein sehr abwechslungsreiches Programm gespielt von Johannes Matthias Michel.
Natürlich durfte ein Besuch im Humboldt-Forum, das erst am 20. Juli des Jahres eröffnet worden war und damit für alle auswärtigen Teilnehmer neu war, im Programm nicht fehlen. Wegen der großen Nachfrage konnten wir erst um 18.30 Uhr eine Führung erhalten: In zwei Gruppen wurde uns die Baugeschichte und die jetzige Nutzung u. a. als Gebäude für sieben Ausstellungen erläutert – die einstündige Führung, die auch auf einige Kritikpunkte an dem Konzept des Forums einging, machte große Lust, sich ausführlich auf das Objekt einzulassen.
Der ereignisreiche Tag wurde mit einem gemeinsamen Essen im Restaurant „Zur Gerichtslaube“ im historischen Nikolaiviertel abgeschlossen.
Schon nach diesem ausgefüllten und anregenden Sonnabend hätte man das Berliner Treffen als sehr gelungen bezeichnet, doch hatte Solveig Schreiter für den Abschluss am Sonntag noch einen wirklichen Höhepunkt geplant: Wir trafen uns im Musikinstrumentenmuseum und erhielten von Jörg Joachim Riehle eine spannende Führung mit einem Schwerpunkt auf den Tasteninstrumenten des Hauses. Riehle sprach kompetent und lebhaft und konnte jedes Instrument (Clavichord, Cembalo, Orgel, Hammerflügel und Kinoorgel) klangreich vorführen. Für den Brodmann-Flügel, den Carl Maria von Weber besessen hatte, nahm er sich extra ausführlich Zeit und hatte er auch Werke des Komponisten als Beispielmusik vorbereitet. Weber schaute ihm dabei aus dem Gemälde von Caroline Bardua, das direkt neben dem Flügel hängt, quasi beim Spielen zu. Den Abschluss der Führung bildete die Wurlitzer-Orgel, auf der Riehle geschickt über Themen von Carl Maria von Weber improvisierend alle Register und Effekte vorführte. Eine wirklich spannende und erhellende Führung durch das Museum.
Den Abschluss bildete dann die öffentlich Lesung von Hans-Jürgen Schatz im Curt-Sachs-Saal des Museums, wobei leider die Gesellschaft fast unter sich blieb. Solveig Schreiter hatte wichtige Schriften zum Freischütz-Jubiläum zusammengestellt: Vorlagen zum Libretto, aber auch zahlreiche Rezeptionsdokumente (Gedichte, private Berichte, Rezensionen). Aus diesen hatte Hans-Jürgen Schatz eine außerordentlich geschickte und erhellende Auswahl getroffen, die er brillant und beeindruckend vortrug.
Nach diesem fulminanten Abschluss konnten die Mitglieder das Treffen individuell ausklingen lassen.
Auch wenn leider nicht wie ursprünglich geplant die Festaufführung des Freischütz im Mittelpunkt des Treffens stehen konnte, so zog sich dennoch das Jubiläum des Freischütz thematisch mit vielen kleinen und einem großen Highlight durch diese Tage. Vielen Dank an die Organisatoren und besonders an Solveig Schreiter!
Irmlind Capelle, Salome Obert, Peter Stadler, Joachim Veit